Pflegegrad 1 auf dem Prüfstand: Warum die mögliche Streichung so umstritten ist

22.10.2025 · Redaktion Pflegeverband

Die Diskussion um den Pflegegrad 1 gewinnt an Schärfe. Auslöser ist die Überlegung der Bundesregierung, den niedrigsten Pflegegrad zu streichen oder stark umzubauen, um Kosten in der Pflegeversicherung zu sparen. Für über 800.000 Betroffene in Deutschland wäre das ein massiver Einschnitt, denn sie nutzen vor allem Entlastungsleistungen, Beratung und Zuschüsse für kleinere Wohnraumanpassungen.

Argumente für die Streichung: Befürworter verweisen auf hohe Verwaltungskosten bei vergleichsweise geringen Leistungsbeträgen. Der monatliche Entlastungsbetrag von 125 Euro reiche kaum, um echte Pflegearbeit zu finanzieren, so Kritiker. Manche Ökonomen sehen im Pflegegrad 1 einen ineffizienten „Mini-Leistungsbaustein“, der Bürokratie verursacht, ohne spürbar zu entlasten.

Argumente gegen die Streichung: Sozialverbände und Pflegeexperten warnen hingegen vor einer gefährlichen Schieflage. Der Pflegegrad 1 sei ein wichtiges Instrument der Prävention – er helfe, frühzeitig Unterstützungsbedarf zu erkennen und Eskalationen zu vermeiden. Ohne diese Leistungen drohten viele Menschen in höhere Pflegegrade abzurutschen, was die Pflegekosten am Ende weiter erhöhen würde. Zudem trage der Pflegegrad 1 dazu bei, pflegende Angehörige zu entlasten.

Alternativmodelle: Diskutiert werden Übergangslösungen statt einer Streichung. So könnten die Mittel in Wohnraumanpassung, digitale Assistenzsysteme oder Präventionsberatung fließen. Auch eine stärkere Verzahnung mit kommunalen Programmen gilt als denkbar. Entscheidend bleibt: Die Reform darf nicht zu Leistungslücken führen, die besonders ältere oder einkommensschwache Menschen treffen.

Fazit: Ob Umbau oder Abschaffung – der Pflegegrad 1 bleibt ein sensibles Thema. Die Pflegepolitik steht vor der Aufgabe, Einsparungen mit sozialer Verantwortung zu vereinen. Viele Fachleute plädieren daher für eine gezielte Modernisierung statt für die Streichung: Weniger Bürokratie, mehr Wirkung und ein klares Bekenntnis zur Prävention.

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